Dienstag, 19. Juli 2022

Petri Heil ... (Tag 23)

 Vor einigen Tagen sah der Wetter bericht für heute und morgen ganz okay aus. Und es gab die Möglichkeit ein Boot zu mieten. Also steht für heute Bootsangeln auf dem Plan.

Das Wetter heute ist auch interessant. Je nachdem aus welchem Fenster man schaut, gibt es mehr oder noch mehr sich auftürmende Wolken unter einer hoch liegenden hellgrauen Wolkenschicht. Der Wetterbericht sagt Sonne-Wolken-Mix. Wo auch immer hierbei die Sonne ist. Nach Norden raus ist allerdings tatsächlich ein Band blauen Himmels zu sehen.

Schon um 7:00 klingelt der Wecker. M. und L. gehen runter zur Bootsvermietung. Der Vermieter hatte uns zu um 8:00 einbestellt (so früh!!!). M. und L. stellen fest, dass jeder der Beteiligten auch mit 9:00 gut zurecht gekommen wäre, denn der Bootsvermieter muss sich auch erstmal in Klamotten schmeißen.

Gegen 8:30 sind sie wieder zurück. Wir bereiten Frühstück vor, ich stelle eine zweite Maschine Kaffee an und nach dem Frühstück machen wir uns alle Angel-bereit. Es ist recht frisch, so 12°C wohl, wir ziehen alle mehrere Lagen an, denn auf dem Wasser ist es erfahrungsgemäß noch frischer. Dafür weht heute praktisch kein Wind. Und alle Wolkentürme bleiben an den Bergen hängen, so dass es über dem Fjord tatsächlich ganz schön ist.

Es dauert eine ganze Weile, bis wir dann auch wirklich losfahren. Unter anderem beweist der Teenager mal wieder, dass sein ganzes Gehirn neu verdrahtet wird. Wir ziehen die Schwimmwesten über. L. sagt: "Nicht an dem Plastiknupsi ziehen, der ist für den Notfall. Dann bläst sich die Schwimmweste auf."

Der Große: "pppppfffffffttttttt" - Schwimmwestenaufblasgeräusch.

M. besorgt also eine zweite Schwimmweste, was dazu führt, dass ich gerne vor Peinlichkeit im Hafenbecken versinken möchte. Denn die andere Schwimmweste, die noch vorhanden ist, ist auf dem anderen Boot, dass kurz vor uns rausgefahren ist. Die drei Angler kommen nun zurück. Angeblich wären sie eh zurückgekommen, weil sie nur eine Krabbenkiste geholt haben. Naja, ob ich das glaube.

Wir fahren los, gar nicht so weit raus. Auf dem Sonar / Kartenmonitor sieht man die Wege, die Angler vor uns gefahren sind und daran orientieren wir uns. Wir werfen alle aus und schon bald meldet L. einen Kontakt. Ruckzuck ist der erste Schellfisch, so 1,5kg etwa, (wir dachten erst, es wäre ein Pollack, werden aber später eines besseren belehrt) rausgezogen und in einer (riesigen) Fischkiste verstaut.

Eine Weile später meldet der Große einen Biss und kämpft ziemlich mit irgendwas tief unter uns. Er ist aber sehr geduldig beim einholen und gibt genau richtig Leine, bzw. zieht ein. Nach und nach kommt ein recht großer Fisch unter der Wasseroberfläche zum Vorschein. Die Männer holen ihn mit zu kleinem Kescher und Enterpike rein. Der Fisch wehrt sich ziemlich, selbst als er schon im Boot liegt. Wir können es kaum glauben, uns glotzt ein bösartig aussehender, zahnbewehrter Steinbeißer (Seewolf) an. Mehr als 3kg, was für ein Fang! Alle sind ganz aus dem Häuschen.

Wir fahren um, es sind fast keine Wellen. Ich kann also auch angeln. Zwischendurch gebe ich eine Runde Lembasbrot aus (bzw. der Minimann übernimmt die Verteilung). Köder werden mal gewechselt. Immer wieder sehen wir Puffins in irrer Geschwindigkeit vorbeirasen. Über uns hängt zwar eine hohe Wolkendecke, aber die Regenwolken bleiben über Land. Von der laut Wetterbericht scheinenden Sonne sehen wir aber nix.

M. ruft Kontakt. Wieder hektisches Angel sichern, dann schauen, was M. rauszieht. Ein weiterer Schellfisch, etwas über 2kg. Kurz darauf zippelt es auch an meinem Sandaal-Puffin-Gummifisch, ich glaube erst, dass ich mich am Boden verhakt habe. Aber es ist dann doch definitiv ein kämpfender Fisch. Puuh, gar nicht so einfach, den hochzuziehen. Aber es klappt ganz gut und beinahe kriege ich ihn auch - dann plötzlich nichts mehr. Ich ziehe einen leeren Köder hoch, an dem ein Haken des Drillings fehlt. Öhem. Naja, kann ja mal passieren.

Ich schaue einigen Möwen nach und wundere mich plötzlich, dass es ein paar Meter vom Boot entfernt seltsam blubbert und etwas schimmerndes an der Oberfläche zu treiben scheint. Eine gefräßige neugierige Möwe landet genau daneben. AHHHH das ist MEIN FISCH!

Wir fahren ganz langsam dorthin, M. vorn am Bug mit dem Kescher bereit. Und er schafft es, meinen Schellfisch (ebenfalls so 1,5kg) rauszuholen, bevor die Möwe sich entscheidet, dass der auch für sie ein sehr einfach zu bekommendes Mittagsmahl hätte werden können. Habe ich also eher einen Fisch erlegt, als gefangen.

Wir fahren noch ein paar Mal um. Der Große entscheidet sich auf Ls großen Bergemann Köder zu wechseln. Und schon kurz darauf biegt sich seine Angel beachtlich. Er hat sichtlich Mühe mit dem Fisch etwa 30 Meter unter ihm zurechtzukommen. M. löst ihn ab und kämpft ebenfalls, die Angel biegt sich bei jedem Zug stark durch. Als der Fisch nach oben kommt, versucht M. ihn an der Angel zu halten, während L. sich mit zwei Enterpiken bewaffnet über die Reling hängt und versucht den großen Steinbeißer so zu treffen, dass er ins Boot gehievt werden kann. Was gar nicht so einfach ist, bei einem Fisch, der ordentlich zubeißen kann und sich wirklich seiner Haut wehrt. Unser großer Kescher passte nicht in den Koffer und der kleine tut es hier nicht.

Es klappt aber alles und stolz hält der große einen echt riesigen, über 6kg schweren Steinbeißer an der Waage hoch. Was für ein Fang!







Der ist dann auch das Zeichen, dass wir unsere erste Runde an dieser Stelle beenden. Alle sind müde und gleichzeitig so erfreut und voller Adrenalin und hungrig. Wir fahren zurück und entdecken eine Robbe an der Hafeneinfahrt, die schnell wegtaucht, als wir angefahren kommen.

Ich gehe schon zum Haus zurück, L. folgt mir kurz darauf. M. und Freund E. nutzen den professionellen Filetierraum, den es bei der Bootsvermietung gibt. Mit glänzenden Stahltischen, Wasserschläuchen, die von oben von der Decke hängen, einem guten Satz Messer und einer Vakuumiermaschine.




Ich decke den Tisch für Zimtschnecken mit Eis und Tee. Die Kinder flitzen noch etwas zwischen Hafen und Haus hin und her. Dann sitze ich eine Weile und versacke auch mal im Internet. L. ist instantan eingeschlafen. Freund E. kommt zwischendurch, um Schalen für die Filet zu holen. Es dauert eine ganze lange Weile bis wir alle am Tisch sitzen. Drei Tüten Fischfilet frieren wir ein, den Rest gibt es heute Abend. M. ist ziemlich erschöpft. Innereien entfernen, Haut abziehen und richtig filetieren sind gar nicht so einfach, wie man vielleicht annimmt. M berichtet, dass man richtig Armkraft braucht, um die Schellfischhaut abzuziehen. Der Große möchte einen Zahn oder noch lieber den Kopf des großen Steinbeißers behalten. Den müssen wir dafür auskochen.

Nach der gar nicht mal so richtigen Pause, teilen wir uns auf. L., der Minimann und ich fahren nochmal raus. Der Minimann, der ja am engagiertesten und motiviertesten angelt, hat ja bisher nichts gefangen. Und bei einem 8-Jährigen gibt es einen schmalen Grat zwischen "Ich bin der tollste Angelprofi" und "Alles ist ganz furchtbar, ich angele nie wieder".

Auf spiegelglatter See fahren wir diesmal etwas weiter raus Richtung Anda Fyr / Stø. Wir haben ja schon vormittags so viele Puffins gesehen, da müssten es doch nur mehr werden, wenn man Richtung Puffin-Brutgebiete fährt. Dem ist auch so und wir sehen nicht nur viele Puffins und Möwen, sondern auch weitere Trottellummen. Leider keinen Adler. Ich versuche zu fotografieren, stelle aber fest, dass ich dafür nicht seefest genug bin. Es sind fast gar keine Wellen, aber durch das kleine Kameraguckloch zu schauen, während es schwankt und sehr schnell Vögel vorbeihetzen - das ist doch nicht so gut. Dazu kommt vom offenen Meer eine lange, halbmeterhohe, ganz ruhige Dünung. Dünung ist aber nix für mich.

Ich schaue also nur weit nach draußen, während L. und der Minimann auswerfen. Schon ein paar Minuten später ruft der Minimann, er hätte Kontakt. Und zieht sehr konzentriert und professionell einen weiteren Schellfisch raus. Er ist sooo glücklich und total außer sich vor Freude. Er hat den Fisch selbst hochgeholt und sich dafür richtig angestrengt und ihn dann mit L. zusammen ins Boot geholt und betäubt / getötet.

Guter Punkt für mich, einzuwerfen, dass die Dünung doch zu viel für mich ist. Wir fahren nochmal dahin, wo wir vormittags waren. Aber es ist nicht mehr gut mit mir und mein Magen und Gleichgewichtssinn konkurrieren, wer zuerst aufgibt. Schnell bringt L. mich zurück an Land. Dann fahren die beiden nochmal raus.

Ich wanke zurück zum Ferienhaus und lege mich eine Weile aufs Sofa, bis das schlimmste Schwanken wieder aufhört. M. und Freund E. kochen gemeinsam - wobei M. kocht und E. dies hauptsächlich fotografiert. Als L. und der Minimann zurückkommen, haben wir ein sehr sehr superleckeres Steinbeißer-Abendessen. Yummi!



Zum Abend hin wird es tatsächlich wolkenlos(er) und richtig toll draußen. Die Männer planen daher eine spätabendliche Sonnen-nichtuntergangs-Aktivität. Davor gucken wir mit dem Großen eine Folge Good Omens, M. und Minimann spielen derweil Magic.

Gegen 23:00 muss ich leider einsehen, dass ich viel zu erschöpft und müde bin, um noch mit zufahren und gehe ins Bett. Die Kinder schlafen schon lange. Die Männer fahren nach Stø, finden mit Mühe einen Parkplatz und setzen sich, wie viel andere) mit Blick nach Norden auf einen Hügel und bewundern das Farbenspiel der Sonne, die jetzt schon fast wieder den Horizont berührt, aber erst am Samstag Nacht das erste Mal wieder für eine halbe Stunde untergehen wird.