Samstag, 23. Juli 2022

Besuch bei den Sámi... (Tag 27)

 Nach dem recht späten Frühstück heute und dem üblichen Check des Wetterberichts (alles ist möglich!) sind wir heute mal wieder super flexibel und entscheiden ganz spontan, dass wir zu Inga Sámi Siida in der Nähe von Sortland fahren.

Bis wir alle in unseren Pantoffeln Regenklamotten und Schuhen stecken, dauert es wie immer eine ganze Weile. Aber am Ende - oh wunder! - sind wir gegen Mittag bereit zur Abfahrt. Wir fahren also über Myre zurück bis nach Sortland und überqueren dort die Brücke. Am Hurtigrutenkai steht eines der Havila Kystruten Schiffe (Hurtigrute und Havila haben sich 2021 zu zwei Gesellschaften geteilt), die Küstenwachschiffe sind ausgelaufen. Mit dem Auto ist es auch zum Glück gar nicht so gruselig die Brücke zu überqueren, wie mit dem Fahrrad.

Kurz vor der nächsten Brücke entdecken wir auch das Schild und fahren auf den Hof. Dort werden wir sehr nett begrüßt und warten bei Kaffee und Tee in einem großen runden Holzhüttenzelt auf weitere Gäste. Etwa anderthalb Stunden lang erzählt die "Coastal Sami" uns über die Geschichte der Sami, die Kultur, über das heutige Leben hier oben. Sie beginnt mit einem ganz eindringlichen und melodiösen Gesang. Wobei (wie wir lernen) man zwar sagt, dass es die Lieder der Sami sind, aber eigentlich mehr noch eine sehr komplexe Form der Kommunikation und des Ausdrucks von Gefühlen. Wir dürfen (und tun das auch) immer wieder Fragen stellen und erfahren so sehr viel, was wir vorher noch nicht wussten.

Die Geschichte der indigenen Bevölkerung hier hoch im Norden ähnelt leider der, die auch dein allermeisten anderen Indigenen zuteil wurde. Verfolgung, Unterdrückung, Assimilation. Über fast vier Jahrhunderte haben manche Sami ihre Kultur, Geschichte und Tradition mühsam am Leben erhalten. Wer weiß, was alles verloren gegangen ist, als die nichtmehrganz-Wikinger unter dänischer Krone und später die Norweger, Schweden, Finnen und Russen versuchten mit allen Mitteln die Bevölkerung zu assimilieren.

Heute ist das besser. Die Sami sind als indigene Bevölkerung anerkannt und werden geschützt. Sie haben (in Norwegen) ihr eigenes Parlament. Nur sie dürfen Rentiere besitzen und sie pflegen ihre Traditionen, Kultur und Sprache.

Der Wandel macht sich allerdings auch hier bemerkbar. Vor 15 Jahren gab es eine so schlimme Schneelawine, dass die Sami, die hier auf Langøya wohnen sehr sehr viele Tiere verloren. Durch die Klimakrise werden Lawinenabgänge begünstigt. Seit dem holen sie die Tiere teilweise in umzäuntes Gebiet oder versuchen, sie an den Bergen nicht ganz so hoch weiden zu lassen. Durch die veränderten Winter gibt es auch weniger Schnee, dafür mehr Eis, so dass die Rentiere (die keine Krallen haben) nicht mehr genug Futter finden. Daher kaufen sie inzwischen Futter zu und finanzieren diese Mehrausgaben eben durch den Tourismus. Auch interessant: Rentiere haben zwei spezielle Fußknochen, die sie nutzen können, um ihre Füße sehr platt zu machen. Damit können sie im Winter fast wie auf Schneeschuhen laufen. Und nach der Schlachtung - Souvenir ik hör dir trapsen! - werden diese Knochen zu hübschen Ketten verarbeitet.

Wir hören alle gespannt und aufmerksam zu und auch der Minimann, der ja leider nur einzelne englische Worte versteht, bringt die Zeit gemütlich rum. Danach dann das Highlight: Rentiere füttern. Wir gehen zur Weide und dürfen sechs oder sieben Rentiere (männliche Tiere) mit Spezialrentierfutter füttern. Der Minimann ist direkt ganz ohne Brührungsängste dabei und hat sooo viel Spaß. Wir beobachten die großen Tiere und freuen uns. Das ist alles ganz großartig! Am Ende kaufen die Kinder (NEIN! DOCH!!! OHHHHH!!!) eine der besagten Ketten. Ein ganzes tolles, kuscheliges Rentierfell können wir leider nicht mitnehmen (preisliche und fliegerische Gründe).







Auf dem Rückweg halten wir kurz beim Einkaufsladen, um ein paar Besorgungen zu machen. Da keine Saison gerade ist, bekamen wir leider bei den Sami direkt kein Elchfleisch, aber einen guten Tipp, wo man welches bekommen kann.

Als wir zurückkommen ist schon später Nachmittag, aber alle haben Hunger. Daher gibt es superschnelle Burger, die Brötchen dafür hatten wir eh gerade gekauft. Danach hat jeder noch etwas Bewegungsdrang. M., Freund E. und die Kinder gehen an den Strand und bauen Sandburgen. L. und ich erkunden den Küstenwanderpfad, der von Klo nach Langenes führt. Leider schrecken wir dabei den Seeadler etwas zu früh auf, um gute Fotos zu schießen. Schade. Aber wir nutzen die Zeit, um eine mögliche Wanderung für morgen (gutes Wetter angesagt!) zu planen. Was wegen unterschiedlichem Start- und Endpunkt logistisch nicht ganz straightforward ist. Aber wir finden eine Lösung, knipsen eine weitere Robbe (dass es eine zweite ist, sehen wir in der Signalgruppe, die anderen knipsen nämlich auch die Hafenrobbe) und ich bestimme per App noch ein paar Pflanzen. So eine Wiese wie hier hätte ich auch gern zu Hause.



M. kocht heute Abend wieder Fisch. Es gibt Kabeljau (Dorsch) und Schellfisch. Alles wie immer superlecker und ich bin ein bißchen (zu) voll. Wir schauen eine zweite Folge Good Omens mit dem Großen. Der Minimann spielt derweil mit M. Magic. Danach gehen die Kinder ins Bett und wir gucken Fantastische Tierwesen 3 fertig (naja).