Montag, 11. Juli 2022

Der Adler und die Möwen... (Tag 15)

 Radel-Tag. Was bedeutet: wir spulen morgens nach dem Aufstehen unsere übliche "Bad - Kaffee! - Frühstück mit Kaffee! - Packen"-Routine ab. Je näher das Ende unserer Radreise kommt, je besser klappt das. Muss wohl so sein.

Gegen halb elf sind wir abmarschbereit. Wir gehen nochmal runter ans Wasser, um dem Strand Tschüss zu sagen und machen ein Bild von den Hot Pools Hügeln. War super da drin (über den Preis legen wir den Mantel des Schweigens). 





Und schon sitzen wir wieder auf den vollgepackten Rädern. Die Straße ist tatsächlich eher flach und gerade. Man muss das ja auch mal erwähnen. Dafür hat der Wind gedreht und kommt von vorn (und etwas von der Seite). Aber gut, das muss ja so sein. Wind kommt immer von vorn. Es ist etwas bewölkt, aber im Prinzip total angenehm zu fahren. Etwa 12 oder 13°C und eigentlich so, dass man sehr gut in einen gemeinsamen Tritt findet und dann einfach vor sich hin pedaliert.

Also wenn ich den Kaffee heute morgen vertragen hätte. In der Campinghütte war noch ein Rest Kaffee (eine Portion) und da unserer auch zur Neige geht, habe ich heute morgen erst den vorhandenen Rest aufgebraucht. Damit unserer morgen noch reicht. Tja. "Mount Kenia" vertrage ich wohl nicht. Es kam mir schon beim Radbeladen alles etwas seltsam vor und L. kaufte mir schnell noch eine Zimtschnecke und Fanta mit Zucker, damit ich den Kaffeeschock schneller hinter mich bringen kann. Aber so schnell hilft ja alles nix.

Also sitze ich auf dem Fahrrad und komme kaum voran. Vor mich hin gucken geht kaum, da wird mir schwindelig. Immer zum Meer schauen ist besser, aber dann schlenkert man auch mehr und immerhin teilen wir uns die (spärlich befahrene) mir allerlei Wohnmobilen. Außerdem schwitze ich aus jeder Pore, mir läuft der Schweiß nur so runter - bei 12°C Außentemperatur und einer ordentlichen Brise wohlgemerkt. Offensichtlich versucht mein Körper den Kaffee einfach wieder auszuschwitzen. Ich hechele also so die Straße entlang und ein paar Mal radelt L. mir fast davon, bis er merkt, dass ich nicht hinterher komme. Was nicht ausgeschwitzt wird, füllt meine Blase. Na toll.

Das wollte jetzt keiner so genau wissen? So ist diese Radeltour aber.

Nach ein paar Kilometern biegen wir auf eine kleine "Straße" ab. Was bei uns als ganz typisch deutscher Feldweg firmieren würde, ist hier eine Nebenstrecke. So werden wir zumindest eine Weile die Caravans los.


Wir fahren also den Schotterweg und schlängeln uns um Schlaglöcher drumherum. Dann werden wir vom Förster-SUV und seinem Mitfahrer "Artic Trucks" überholt. Kennt jemand das Meme wo jemand auf ein Wasserbassin einen Sticker klebt? Hier geht das so: "Wie nennen wir hier oben im Norden unsere Firma?" "Ganz klar! Artic *Firmenname*!" Alles heißt hier Arctic...

Wir fahren die lange gerade und wirklich gar nicht mal so hügelige Feldwegstraße entlang. Aber wirklich praktisch kein Verkehr. Am Ende der Straße ist eine kleine Bank, dort essen wir die Zimtschnecke. Dann fahren wir in den Ort ein und L kauft im Laden noch schnell die zwei, drei Sachen, die wir vergessen hatten. Dann fahren wir auf der "großen" Hauptstraße (mit Mittelstreifen!!) nach Süden Richtung Risoyhamn. Eine ganz gerade Straße. WOW. Wir schrecken mit den Quietschereifen zwei junge Elche auf, die schnell wegrennen. Leider keine Fotos, denn hier ist doch etwas mehr Verkehr (der Tine-Laster überholt uns) und wir können nicht wie doofe Touris stehenbleiben und wegrennende Elchhintern knipsen. Irgendwo auf der Straße sagt das Garmin, dass wir angekommen sind. Wir rollern einen Feldeweg runter auf ein einsames weißes Haus zu, umgeben von abgemähten Grasfeldern. Dort erwarten uns 6 frische Eier vom Bauernhof, die L direkt in Rührei verwandelt. Danach verbringen wir einen sehr gemütlichen Ausruh-Nachmittag im Garten. Zwischendurch gehen wir mal über das Grasfeld und werden direkt von Großem Brachvogel, mehreren Möwen und einigen Austerntauchern angemeckert. Aha, am Matsche-Steinstrand sind jede Menge Küken.










Wir sitzen weiter draußen, ich lese mein Buch zu Ende. Als plötzlich Action aufkommt. Zusammen mit einer Möwe nähert sich ein großes, dunkles Etwas dem Strand. L. erkennt den Seeadler sofort, ich dachte erst an eine große Krähe. Der globalen Situation geschuldet, folgt nun ein Bericht von der Front.

Es existiert eine Flugverbotszone über dem Kükenstrand. Diese wird durch patroullierende Möwen (und andere Elternvögel) dauerhaft überwacht. Nähert sich ein feindliches Flugobjekt steigen Abfangmöwen sofort auf und versuchen den Eindringlich abzuwehren. Verstärkung wird direkt mit angefordert. Als diese hochsteigt und dem Gegner zahlenmäßig 4:1 überlegen ist, wird der Angreifer unbarmherzig weggeschrieen und vertrieben. Die Flugverbotszone wird mit großer Vehemenz durchgesetzt, bis der Gegner abdreht und schleunigst zurück in seinen Horst fliegt.

Auf Fotos gebannt sieht das dann ungefähr so aus:
















Jetzt bald schlafen gehen. Morgen liegt ein sehr anstrengender und langer Radeltag vor uns. Der letzte.