Samstag, 16. Juli 2022

Niks Laks ... (Tag 20)

 Ich werde unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geweckt. Der Minimann schleicht sich nämlich zu mir und sagt: "Das Frühstück und der Kaffee sind schon fertig!"

YEAH!

Also raus aus dem Bett und los zum schön gedeckten Frühstückstisch. Einfach nur hinsetzen und Kaffee genießen.

Dachte ich.

Ich dachte, Gott lachte oder so. Aber wir sind ja alle Atheisten.

Was der Minimann also eigentlich meinte, sehe ich, als ich um die Ecke der Essecke komme, ist, dass 6 Teller ohne Besteck auf einem ansonsten leeren Tisch stehen. Die Kaffeemaschine schläft auch noch.

Seufz. Ich mache die Kaffeemaschine an, husche unter die Dusche und decke dann den Frühstückstisch. Dafür scheuche ich den Mini los, damit er wenigstens die anderen weckt.

Das Wetter ist eher durchwachsen, aber es soll nicht regnen. Außerdem bekamen wir ja gestern die interessante Info über Lachse, die es hier geben soll. Also erstmal schnell zum Einkaufsladen und holen, was fehlt. Dann zum Angelladen, fehlende Boien besorgen. Von unterwegs rufen sie an, damit ich Reis aufsetzen kann. Denn es gibt nochmal Frühlingsrollen vom Thai Take-away. Ich schmeiße also einen Topf Reis an und frage mich nach 20min, ob sie denn wohl irgendwo noch etwa 15 andere Reishungrige finden, damit er Reis auch leer wird.

Nach dem Mittag basteln die Männer die Köder und Boien an die Angeln und wir machen uns los zum Fjordende. Da kann man gemütlich zu Fuss hingehen.

Wir suchen uns nette Plätze, tatsächlich sehen wir überall Fische springen.



Wir angeln und angeln und angeln. Der Mann wirft seine Boie aus und zwar mit so viel Schwung, dass sie abreißt und auf der anderen Seite landet. Daraufhin begeben sich M und der Große auf eine Expedition auf die andere Seite, um die Boie wieder zu suchen. Obwohl es nur etwa 10m quer übers Wasser sind, ist der Weg drumrum doch weiter und vor allem unwegig. Aber tatsächlich finden sie nach einiger Zeit die Boie wieder. Juhu!

Um das Thema etwas abzukürzen: wir angeln wirklich motiviert und ausdauernd und sehen ständig Fisch springen, vor allem, als die Fliegenzeit beginnt. Aber anbeißen tut leider keiner. Irgendwann wird es allen fröstelig und wir gehen zurück.

Da ist es dann plötzlich doch auch schon recht spät. Wir tüddeln hier und da. M. macht Fake-Mett und ich schnippele einen Salat zusammen, denn endlich sind die Avocados, die wir irgendwann während der Radfahrt gekauft haben, reif.

Nach dem Abendbrot gehen M, Freund E. und die Kinder nochmal zum Angeln (leider wieder nix, sooo schade). Währenddessen machen L. und ich voll die tollen Erwachsenendinge. Für einen neuen Arbeitsvertrag müssen wir für L. nämlich alle Arbeitsverträge vorher auflisten. Da wir im Prinzip immer die gleichen hatten, machen wir das gemeinsam.

Es folgt daher ein kleiner Exkurs ins deutsche Hochschulleben (#ichbinhanna). Seit wir 2010 angefangen haben zu promovieren, sind wir Drittmittelbeschäftigt. Erst hatte unser Chef eine externe Erweiterung seiner Professur über die Pension hinaus. Daraus bekamen wir die meisten Mittel für unsere Promotion. Bald lief parallel dazu ein Industrieprojekt. Außerdem warben wir DFG-Mittel ein, ein anderes Industrieprojekt folgte. Zwischendurch waren wie ausnahmsweise auch mal für wenige Monate mit Hausmitteln beschäftigt, da versuchten wir allerdings, alle Mittel zurückzuzahlen. Der Chef gewann einen Preis und stiftete das Preisgeld, wieder ein paar Monate.

Mir ist schon klar, dass man eigentlich allerspätestens nach dem Post-Doc gehen sollte. Aber es gab immer bessere Gründe zu bleiben, als zu gehen. Also hangelten wir uns so lang. 18 Verträge. Seit 2010. Immer befristet von manchmal nur einem Monat, die guten gingen ein ganzes Jahr. Es ist einfach wahnsinn.

Falls irgendjemand dem nicht folgen kann: wir sind bei einem Arbeitgeber im öffentlichen Dienst angestellt. Damit er uns befristet anstellt, müssen wir sowohl unsere eigenen Gehälter vorher eingeworben haben, als auch sämtliche Sachmittel für alle Kosten, die unser Experiment verursacht. Neues Bauteile, PCs, Verbrauchsmaterialien, Chemikalien, Gasflaschen - alles, was kosten verursacht, müssen wir eben vorher eingeworben haben. Von diesem Geld schöpft der Arbeitsgeber übrigens noch 20% für Strom und Gebäude und whatever vorher ab.

Exkurs Ende.

Als wir mit der Liste fertig sind, füllen wir noch die Onlineformulare bei norwegian aus und hoffen, dass zumindest ein Teil unserer Ausgaben, die durch das verschwundene Gepäck entstanden sind, erstattet bekommen. Na schauen wir mal.

Danach macht sich L. irgendwann auf zum Laufen und schickt schon nach kurzer Zeit verschwommene Handybilder, die eindeutig einen Adler am Fjord zeigen. Wie schön! Das hebt die Stimmung. Freund E. und M. spielen ein Kartenspiel, ich lese derweil. Die Kinder sind müde in die Betten gefallen.