Samstag, 9. Juli 2022

Lundefugl... (Tag 13)

 Uiuiui... nachdem mich diese Reisetablette abends doch ziemlich plötzlich ausgeknockt hatte, kann ich zumindest viele Stunden am Stück schlafen.

Wir sind auch zeitig wach und können in Ruhe frühstücken. Leftovers. Yeah! Pizza, Eis und warmen Apfelkuchen. Na das ist doch mal was. Wetterbericht sagt: ab 11:00 kein Regen mehr, über den Tag zwar immer wieder ein Mix aus Sonne und Wolken aber eher hin zu immer schöner. Was für die heutige Planung auch wirklich toll wäre.

Während wir unser Zeug zusammenräumen (inzwischen wirklich Routine, die effizient abgespult wird), zieht es dunkel zu. Dann plattert Regen harsch runter, so richtig laut und mit dicken Tropfen. Okeee - aber ab 11:00 soll es ja nicht mehr regnen.

So gegen halb 11:00 hat der Regen etwas nachgelassen, so dass man nicht direkt Gefahr läuft von einer Sekunde zur anderen draußen zu durchweichen. Wir satteln die Räder auf und rollern eine Straße weiter zum Sportgeschäft. L. möchte gerne seinen verlorenen Köder ersetzen. Eigentlich so ein Standardartikel (also für norwegische Geschäfte), aber gerade die Gewichtsklasse, die er sucht, gibt es nicht.

Im zweiten Sportgeschäft gibt es zwar kein Angelzubehör, aber einen schönen Pulli für mich (recht dünn, tolle Merinowolle) und zwei reduzierte, dünne Langarm-Shirts, mit denen ich noch die Garderobe für den Minimann aufstocke. Die Kinder wachsen momentan WIE VERRÜCKT und ich habe in den letzten zwei Monaten echt viel nachkaufen müssen. Wegen Viechzeugs, Zwiebellook und den Aktivitäten, die wir hier so zusammen planen (Baden, Angeln, Wandern) bei einer Temperaturbandbreite von 10°C - 30°C muss man gut ausgewählte Klamotten parat haben.

Als wir aus dem Laden kommen ist es deutlich nach 11:00 und es regnet. Wir radeln erstmal weiter bis zum Einkaufsladen und kaufen die restlichen Vorräte, die wir für die nächsten drei Tage brauchen werden. Ein schnelles Käsebrot auf die Hand und dann fahren wir weiter nach Bleik.

Der Himmel reißt tatsächlich auf, die Sonne kommt raus. Es ist ganz wunderbar. Und etwas zu warm plötzlich in drei Lagen obenrum. Was solls. Bis nach Bleik ist es gar nicht so weit und nach kurzer Tour halten wir beim Aussichtspunkt "Kleivodden". Wir haben einen fantastischen Blick über das Meer und man meint fast im Norden die dunkle Linie zu sehen, wo der Meerboden abfällt und es richtig tief wird. Dort kämpfen Pottwale gegen Kraken und dorthin fahren auch die Whalewatching-Schiffe. Natürlich ist die Meereskante zu weit weg, aber vorstellen mag ich es mir doch. Der Blick von Kleivodden weiter Richtung Süden offenbart schon die langen Sandstrände von Bleik und natürlich auch den Bleiksoya - den Vogelfelsen vor Bleik. Ich bin ja schon so aufgeregt!

Wir radeln weiter nach Bleik, vorbei an den langen, wunderschönen Sandstränden. Und dem Golfplatz. Ich nehme den mal so zur Kenntnis. Gegen 13:00 stellen wir unsere Fahrräder am Puffin-Safari Häuschen ab und spazieren rauf zum kleinen Supermarkt samt Café. Zwei mal Trippel-Schokoladenkuchen, bitte!

Soll ich es erwähnen? Das Café ist recht voll und laut. Ich traue mich trotzdem auf norwegisch zu bestellen, nachdem ich erstmal übergangen wurde in der Schlange. Warum auch immer. Und ja, mein norwegisch ist sehr rudimentär, aber zum bestellen von Kuchen reicht es gerade. Und ja, vielleicht bin ich durch die Maske schlechter zu verstehen. ABER. Das gibt der jungen Bedienfrau nicht das Recht, sich blöde kichernd abzuwenden und ihre Kollegin unter höhnischen Blicken zu fragen, was ich gesagt habe. Ich bestelle ein zweites Mal auf Englisch und werde schnell abgefertig. Naja.

Der Kuchen ist aber sehr lecker und wir können dort nochmal zum WC. Gegen 14:00 sind wir zurück am Hafen und wollen eigentlich über den Strand spazieren, aber mich erfasst eine bleierne Mittagsmüdigkeit. Wir setzen uns auf eine Bank. Vor uns das Meer samt blauem Himmel, hinter und dräuende Regenwolken. Hrmpf. Egal. Wir haben ja Regenklamotten an und bis zu unserer Bootstour isses noch eine Stunde. Wir sitzen einfach nur und ruhen aus. Wann hat man dafür schon mal Zeit?

Pünktlich um 15:00 steigen wir auf den kleinen Fischkutter und fahren los Richtung Vogelfelsen. Hier leben Tordalken, Trottellummen, Kormorane, Seeadler uuuunnnddddd Puffins! Jeg elsker lundefugler!

Unser Guide erzählt nach der Sicherheitseinweisung einiges, was man über Puffins weiß und einiges, warum er gerade diese winzigen, niedlichen Vögel so mag. Er verschweigt auch nicht, dass die Seeadler den Vogelfelsen als 5-Sterne-Restaurant nutzen. So isses nun mal.

Schon bald sehen wir die ersten Puffinschwärme auf den Wellen reiten. Anfangs kann ich gar nicht fotografieren, weil das kleine Boot sehr schwankt. Während alle anderen aber an der Reling stehen und knipsen, wird ein Sitzplatz für mich frei. L. fotografiert ja und ich kann einfach gucken und mich an den absolut adorable Puffins erfreuen. Kurz darauf sehen wir die ersten Adler majestätisch und riesig über dem Felsen kreisen. Es ist absolut herrlich! Das Wetter ist hier draußen übrigens auch toll und sonnig. Die Wolken sind an den Bergen vorerst hängengeblieben. Das Boot fährt noch näher an den Felsen ran und auch ich kann ein paar Bilder machen. Mal sehen, ob welche auch scharf geworden sind. Es ist einfach sooo toll zwischen den (hundert)tausenden von Puffins. Dazwischen gestreut die Trottellummen und Tordalken, Kormorane sehe ich nicht so viele. Überall schwärmen sie, fliegen hin und her, bringen Fisch in die Höhlen, in denen sie jeweils nur ein Küken aufziehen. Tauchen ab, kehren mit dem Schnabel voll Fischen zurück.

Nach einer Stunde sind wir zurück am Hafen, es war sooo toll! Das Wetter ist auch weiterhin total schön. Wir ziehen eine Lage aus und wandern noch den Strand ab. Erst 2km während uns immer wärmer wird. Am Ende vom Strand, der hier breit ist und mit ganz weißem Sand, klar-türkisem Wasser und leicht anbrandenden Wellen, ziehen wir unsere Regenhosen und Schuhe aus, krempeln die Hosen hoch und gehen in der Brandung zurück. Das Wasser hat vielleicht 10 oder 11°C, ist aber total erfrischend (solange man nur mit den Füßen drin ist und sich bewegt). Ein fast irreales Gefühl, hier oben, so weit im Norden. Am Strand. Mit den Füßen im Nordmeer.

Als wir zurück sind und einigermaßen entsandete Füße haben, satteln wir wieder auf und fahren weiter bis zur Unterkunft in Stave. Unser netter Gastgeber in Finnsaeter hatte ja gemeint (ohne selbst Rad zu fahren), dass es ab Andenes alles nur noch super flach sei. Najaaaaa... also zugegebenermaßen überwinden wir heute nur 140 Höhenmeter. Und es gibt tatsächlich einen Abschnitt der relativ flach und gerade ist. Um den zu erreichen muss man aber doch erstmal einiges an Auf und Ab hinter sich bringen. Dazu ist die kleine Straße zwischen Bleik und Stave in einem schlechten Zustand. Lange Längsrillen häufen sich gerade am Rand, dort wo wir fahren. Ein paar Mal habe ich die Befürchtung, dort unglücklich mit dem Vorderrad reinzurutschen. Es passiert aber nichts, der Straßenzustand ist aber trotzdem nicht so dolle. Mit dem Auto bemerkt man ja weder die Höhenmeter, noch solche Risse im Asphalt. Mit dem Rad schon.

Stave Camping ist unser Ziel und wir beziehen dort ein minikleines Appartement (auch hier eigenes Bad und kleine Küchenecke. Großes Fenster mit Tisch davor nach Westen zum Strand raus. Fantastische Aussicht! Die Aussicht wird über den Abend etwas getrübt, denn der Strand-Wohnmobilplatz ist noch vor uns.

Wir haben richtig Hunger, kochen uns Reis mit einer Tütengemüse-Quinoa-Mischung und gehen dann nochmal zurück zur Rezeption und trinken ein Bier. Also eins für uns beide hätte es definitiv getan. Wir probieren das auf Senja gebraute Craftbeer. Das "Amber Ale" ist leckerer, als das "Pale Ale". Dazu gibt es für jeden noch eine Kanelsnurr. Ich trinke ja im Prinzip keinen Alkohol (also so 3x im Jahr ein Glas ist dann schon viel) und dementsprechend viel ist so ein ganzes Bier für mich. Außerdem habe ich schon meine Kontaktlinsen rausgemacht. So gehen wir dann mit eingeschränkter Sicht nochmal zum Strand und genießen diese spektakuläre Landschaft. Dann muss ich aber wirklich ins Bett.

Oder nicht. Denn davor müssen wir unbedingt noch Puffinbilder sichten. Mit superduper Kamera, Serienbildern und Schnellauslöser kommen da mal schnell ein paar Tausend Fotos zusammen. Und wer bis hier her mit lesen durchgehalten hat, kann jetzt auch "mal kurz" durch zillionen Fotos scrollen ein Best-of anschauen.