Donnerstag, 7. Mai 2020

Corontäne Tag 52

Wegen meiner wehen Hüfte komme ich nicht gut aus dem Bett. Als der Minimann aufsteht, rufe ich aber den Großen zu mir. Verteile die ersten Anweisungen (Frühstück für die beiden Kinder machen, danach Deutschkram zusammensuchen und pünktlich um 9:00 zur Deutsch-Telko bereit am PC sitzen).

Ich dusche lange und heiß, versuche ein bißchen zu dehnen. Geht alles nicht gut. Der Minimann hat sich netflix angeschaltet. Ich kann es für den Moment auch nicht ändern, denn die nächste Deadline nähert sich. Oder ist sogar schon überschritten, wie der Große und ich feststellen. Naja. Er zeigt mir also die Englischaufgaben von gestern, ich entdecke jede Menge Fehler oder unvollständige Aufgaben. Wir korrigieren das gemeinsam, ich helfe ein bißchen, damit wir das Dokument vor der Englisch-Telko noch hochladen können.

Englisch-Telko. Während der Große oben beschäftigt ist, bitte ich den Minimann die Hühner zu füttern und ein bißchen aufzuräumen. Außerdem soll er alle Büchereibücher zusammensuchen. Großes Gemaule. Ich selbst mache die Küche. Danach kocht der Minimann unter meiner Anleitung und Aufsicht Milchreis. Das klappt ganz gut.

Während der Milchreis so vor sich hin quellt, bitte ich den Minimann gemeinsam mit dem Großen das Magnetspiel für die Physikaufgabe zu machen. Der Große soll es nämlich jemandem erklären. Der Minimann weigert sich, plärrt rum, will nicht helfen. Alle Erklärungen meinerseits fruchten nicht. Ich schicke in zurück nach unten, damit der Große allein oben in Ruhe arbeiten kann. Ich putze das Bad und hab eigentlich jetzt schon keine Lust mehr auf den Rest des Tages.

Mittagessen. Milchreis mit Apfelmus und Zimt und Zucker. Immer lecker.

Nächste Szene. Der Minimann will aufs Klo und schreit den Großen an, er solle ihm ein Buch holen. Ich höre das alles von unten und es endet mit einem sehr unschönen Satz des Minimanns. Ich gehe dazwischen. Er soll erst aufs Klo, dann aufs Sofa. Kein Handy, TV, PC oder überhaupt irgendwas spielen. Ich bin nervlich am Ende, der permanente Widerstand gegen ALLES zehrt und laugt aus.

Ich gucke gemeinsam mit dem Großen die Aufgaben für die kommende Woche durch, wir laden Zettel runter. Danach organisieren wir den Wochenplan und versuchen überall ein bißchen Puffer zu lassen, falls was schiefgeht. Dann führen wir ein doch ernstes Gespräche darüber, dass ich hier nicht dafür zuständig bin, jeden Tag für jeden im Haushalt zu denken. Dass der Große während der normalen Schulzeit auch selbst an alles denkt, sich organisiert und weiß, wann welches Fach ist, wann welche Aufgaben erledigt sein müssen.

"Ja, aber jetzt ist das am Computer!"

Ich weiß für einen Moment nicht, was ich auf diese Ausrede antworten soll. Wir besprechen also, dass es kein Problem ist, dass Eltern Hilfestellung geben, wo es nötig ist. Das die allgemeinen Aufgaben, die man als Schüler normalerweise wahrnimmt, aber jetzt nicht auf Eltern abgewälzt werden. Ich hoffe, dass das klappt.

Mein Plan war eigentlich, mit beiden Kindern zur Bücherei zu radeln. Der Minimann ist allerdings raus, ich bin nicht bereit jemanden, der sich so wenig hilfsbereit ist und sich gemein verhält, mitzunehmen. Der beste Freund kommt (auch mit Rad, wir wollten alle zusammen los) und ist bereit mit dem Minimann zu Hause zu bleiben. Der bockt eh rum.

Der Große soll sich anziehen und bereit machen, alles dauert ewig, er hampelt rum, er passt nicht auf, er zieht sich nicht zügig an. Es endet damit, dass er seine Maske (die er schon getragen hat) falschrum über den Augen trägt, weil "niemand hat ihm das erklärt".

Das war dann der berühmte Tropfen.

Ich rege mich ziemlich auf, denn das "Mitdenken"-Gespräch ist ja keine Stunde her. Alle Kinder bleiben zu Hause, ich fahre allein mit dem Auto. Es reicht mir einfach.

Ich fahre also bei allerbestem Radelwetter mit dem Auto in die Stadt, gebe die Bücher in der Bücherei ab und suche ein paar schöne aus dem "Gerne Mitnehmen" Regal raus. Danach arbeite ich meine Einkaufsliste ab. Dabei falle ich fast in Ohmacht, weil ich für ein Vorschulheft und eine Ringmappe 17€ zahle. Ich stehe eine Weile beim Stoffladen an, aber als ich bemerke, dass die Frauen drinnen nur schwatzen und nicht zu Rande kommen, gebe ich meinen Platz wieder auf. Vor mir wäre auch jemand noch dran gewesen. Nicht wichtig. Kaufe ich lieber Kuchen. Ich muss Stressessen. Abnehmen funktioniert so wohl leider gar nicht.

Ich komme zurück. Der beste Freund hat lange mit den Kinder geredet, der Minimann entschuldigt sich bei mir, hat aber 20 Sekunden später den nächsten Wutanfall. Inzwischen ist mir das Infektionsrisiko fast egal, hauptsache er könnte zurück in die KiTa.

Wir essen draußen Kuchen und danach warte ich einfach auf den Eismann. Ich brauche mehr Stressessen. Der Eismann kommt nicht, aber immerhin spielen die Kinder lieb draußen. Der Eismann kommt am Ende doch noch und ich esse ein Waldmeistereis. Lecker.

Der Mann kommt nach Hause, erschöpft und mit glühenden Ohren. Jeder ist verwirrt, ob der neuen Lockerungsmaßnahmen, die überall anders sind. Manche Heime lassen Besuch zu, manche nicht. Leute verlangen Besuchsrecht. Leute haben Angst vor Ansteckung ihrer Angehörigen im Heim.

Während die Kinder draußen spielen, diskutieren wir zum drölfzigsten Mal, wie es mit den Kindern zu Hause besser klappen kann. Leider scheint es nicht so zu sein, dass sich eine gute Lösung auftut. Der Mann wird fragen, ob er den Minimann eventuell mit ins Heim nehmen kann für einen Vormittag (Spoiler: nein.), ob der beste Freund mal den Großen nimmt (vielleicht, aber jetzt fängt Heuschnupfenzeit an). Es ist alles doof und es gibt keine Lösung. Es ist völlig unklar und auch eher unwahrscheinlich, dass wir einen Notbetreuungsplatz kriegen (ist das sinnvoll? Mit Mann im Heim?), Teilzeit vom Mann ist finanziell keine Option, andere Arbeitszeiten des Mannes vom Arbeitgeber nicht gewünscht. Es bleibt also dabei, dass er Überstunden sammelt, um mittwochs frei zu machen und ich 2x2 Tage mit den Kindern zu Hause bin und den Mittwoch nutze, um im Institut zu arbeiten.

Der Mann spielt eine Weile mit den Kindern und ruht aus. Ich schneide Salat, der beste Freund hilft. Wir essen gemeinsam Abendbrot. Dann die Maus, die Kinder ins Bett. Es ist "erst" 20:00 - aber ich bin komplett erledigt. Der Mann wuselt noch durch Küche und Garten.

Zwei Folgen Zoo. Ich glaube, weiter schaue ich das nicht.