Freitag, 14. September 2018

Ramberg und Kvalvika (Tag 3)

Edit: Jetzt gibt es diesen Bericht ausführlicher.

 Ich bin so müde, daher erstmal nur eine Kurzfassung.

Heute führte der Weg von Reine nach Ramberg. Wir radeln los, dicke graue Regenwolken begleiten und und immer mal wieder regnet es auch. Noch gibt es zwischendurch aber trockene Phasen. Google behauptet ja, dass man praktisch keine Steigungen auf der Strasse hat. Naja, wenn man Hoch und Runter immer gegeneinander rechnet vielleicht. Faktisch geht es jedoch ständig hügelauf- und hügelab und das häufig recht kurz und knackig steil. Die Landschaft ist urtümlich und atemberaubend - die ständigen Steigungen allerdings auch. Meine Lunge ächzt. Nach einer guten Stunde erreichen wir gemeinsam mit stürmischem Regen Ramberg, nur um festzustellen, dass die Zimmerreservierung für nächste Woche war.

Hm. Wir schauen etwas ratlos und beschließen erstmal zum Supermarkt zu fahren. Dort gibt es sicher irgendwo ein Café in dem wir uns aufwärmen können und beratschlagen, wie und wo wir heute Nacht unterkommen. 200m weiter liegt die Lösung. Ein sehr schönes Café (Friisgarden Café) mit leckerem Kuchen und heißer Schokolade - und freien B&B Zimmern. Allerdings mit Gemeinschaftsbad - many firsts. L. ist etwas skeptisch, aber vorerst sind wir die einzigen, die hier heute Übernachten wollen. Außerdem stürmt und regnet es draußen stark und der Wetterbericht verheißt keine Besserung. Lieber ein warmes Bett, statt heute Nacht zelten. Wir nehmen das Zimmer.

Nachdem wir unsere Sachen abgeladen hatten und mit heißem Kakao und Kuchen gestärkt waren, radeln wir etwa 10km zurück nach Fredvang. Der kleine Ort liegt malerisch an einer Bucht nach Osten raus, im Rücken grüne, schützende Berge. Über zwei hochgespannte Brücken radeln wir ins das Örtchen hinunter. Nach kurzer Suche und einmal zu weit fahren, finden wir den Parkplatz und wollen die Räder festmachen. Da kommt vom Haus gegenüber ein Bauer zu uns. Leider spricht er kein Englisch, aber meine rudimentären Norwegisch-Kenntnisse reichen aus, um zu verstehen, dass er uns anbietet, unsere Räder in seiner Garage unterzustellen. Zum Abholen bräuchten wir nur das Tor wieder aufmachen. Ich bedanke mich herzlich und L. ist froh, dass sein Rad sicher verstaut ist, denn wir gehen nun wandern.

Wir machen uns auf zum Kvalvika Strand. Das ist eine abgeschiedene Bucht zum Nordwesten der Insel raus, nur per pedes zu erreichen. Das Wetter ist erst recht okay, windstill, aber bewölkt. Wir sehen aber die stürmisch dahingleitenden Wolkentürme und hinter dem ersten Anstieg bläst uns sofort eine steife Brise entgegen. An einem kleinen See angelangt schauen wir hinunter nach Süden ins Tal und den Fjord. Wir wenden uns weiter nach Westen, immer den Berg hinauf, es ist teilweise recht steil und vor allem rutschig. Regnen tut es jetzt auch. Dicke, hagelige Tropfen peitschen uns vom Wind getrieben ins Gesicht und gerade so sind wir schneller beim Regenhosen anziehen, als der Wind den Regenguss zu uns treiben kann. Wir gehen trotzdem weiter, recht weit oben teilt sich der matschige Pfad. Wir wenden uns Richtung Kvalvika, den Ryten wollen wir bei dem Wetter nicht besteigen. Mit jedem anderen Wanderer tauschen wir kurz die Wegbedingungen und das Wetter hinter der nächsten Kuppe aus. Kurz vor dem Abstieg warnen uns ein paar andere, dass der Abstieg doch sehr rutschig und steil ist. Außerdem sehen wir vom Meer aus neue dunkel-bedrohliche Regenwolken aufziehen. Wir wandern bis zum Abstiegspunkt, von wo aus wir trotz des Wetters einen fantastischen Ausblick hinunter auf den Strand haben. Ein karibischer Strand, weißer Sand, türkises Wasser, das nur sanft tiefer wird. Alles eingerahmt von steilen, schroff aufragenden Bergmassiven, auf denen sich kein Moos mehr hält. Der pure Fels wirkt einerseits bedrohlich, scheint andererseits diesen abgelegenen Strand vor allem zu beschützen. Nur zu gern wäre ich runter zum Strand geklettert. Aber Vernunft und die Aussicht übers Meer mit den heranpreschenden Regenwolken lassen uns umkehren. Wir essen schnell einen Apfel, sobald man stehenbleibt, wird es kalt.

Heftiger Regen setzt ein, der Wind wird stürmisch, dazu das doch sehr unwegsame Gelände (trotz Wanderpfad), dass völlig durchmatscht und durchnässt ist. Die Vegetation hier besteht hauptsächlich aus moosigem Boden und Gras. Doch dadurch täuscht der Boden und ist tückisch. Teilweise sind man tief in den weichen, nassen Boden ein. Einmal so tief, dass Wasser in meine Schuhe läuft, als wir den Pfad für ein paar Meter verlassen müssen, da es zu steil und rutschig ist. Quitsch-quatsch macht nun jeder Schritt. Wir können nicht stehenbleiben, denn dann friert man durch. Vorsichtig, jeden Schritt abwägend, jeden Fuß achtsam auf die nächste Stelle setzend, wandern wir zurück. Hinter der letzten Kuppe wird es unvermittelt windstill, auch der harsche Regen ist nur noch ein Nieseln. Die Bergspitzen hinter uns halten die Wolken auf.

Wohlbehalten nach einer wirklich anstrengenden und herausfordernden Wanderung holen wir die Räder aus der Garage. Auf dem Weg zurück hält sich das Wetter gerade so, es regnet nicht ganz so heftig, kurz kämpft sich die untergehende Sonne durch die Wolkenbänke. Dann sind wir auch schon zurück im warmen Zimmer, mit mehr Kakao und Kuchen. Eine Weile unterhalten wir uns mit dem Besitzer des B&B. Er ist eigentlich Pole, lebte einige Jahre in England und betreibt nun das kleine B&B mitten auf der schönsten Inselkette der Welt. Wie überall hören wir das gleiche. In den letzten Jahren kamen zu viele Touristen, vor allem zu viele Caravans, die unerlaubt wild campen. Die Straßen sind viel zu klein, die Übernachtungsmöglichkeiten zu spärlich, um die Touristenströme aufzufangen. Wir kaschieren unser schlechtes Gewissen, denn wir radeln hier off-season. Ein schaler Beigeschmack bleibt. Es wird spät, überall hängen nasse Klamotten, die hoffentlich bis morgen wieder trocknen, während es draußen wieder heftig stürmt und regnet. Ich treffe noch kurz die Frau des anderen Pärchens, die gemeinsam mit uns hier heute trocken übernachten.