Mittwoch, 19. September 2018

Eggum (Tag 7)

Heute verlassen wir das wunderbare Ferienhaus ein wenig wehmütig. Es liegt wirklich toll (für Autourlauber sehr zentral) und wir haben die Tage dort sehr genossen. Jetzt heißt es aber erstmal wieder packen.

Nachdem gestern eine Regenjacke, ein paar Handschuhe und aufgefüllte Nahrungsvorräte dazu gekommen sind, gar nicht so einfach. Böse Zungen behaupten auch, dass meine Schafwollschuhe viel Platz beanspruchen würden.

Wir nehmen uns Zeit, um noch ein paar Fotos zu machen, die Sonne scheint gerade. Wir sind allerdings noch keine 100m gefahren, als die ersten Tropfen auf die Packtaschen platschen. Nagut, im Regen Radfahren sind wir inzwischen gewohnt und es nieselt auch eher. Für die ersten paar Kilometer können wir eine Nebenstraße nehmen, un umfahren so Leknes und den Verkehr dort. Dann folgen wir dem breiten Tal immer weiter nach Osten.

Unser Zwischenziel ist Borg. Dort halten wir am Supermarkt für einen Mittagssnack (Salat + Joghurt), den wir auch gerade so noch mit den letzten Sonnenstrahlen aufnehmen, bevor es beim weiterradeln richtig anfängt zu gatschen. Naja, hinter der nördlichen Bergreihe scheint es besser zu sein und dort liegt auch das heutige Ziel. Der Weg dahin erstreckt sich wunderbar am regennassen Fjord, wie immer hügelauf- und hügelabwärts. Einige Enten und Schwäne lassen sich den Badespaß nicht nehmen, während wir nass und ein bißchen kalt in die Pedale treten.

Nach weiteren zwölf Kilometern erreichen wir Eggum im Norden von Vestvagøy. Hier liegt ein Naturschutzgebiet, das sich über einige Schären und das gesamte Küstengebiet erstreckt. Brav stecken wir 6€ (wir haben bisher keine NOK gebraucht) in den Briefkasten, um an Eggums westlichen Ende in der Schutzgebiet einzufahren. Ich hatte ja ein winziges bißchen auf ein geöffnetes Café gehofft, aber natürlich ist es off-season und das Café (das früher mal eine WW2 deutsche Radaranlage war) geschlossen. Statt russische Schiffe aus Murmansk abzuhören, serviert man hier während der Saison sicherlich leckere Zimtschnecken - ein guter Tausch!






Ich freue mich trotzdem, dass die Toiletten geöffnet sind. Dann radeln wir noch ein kleines Stück weiter und lehnen unsere Räder alsbald an einen Picknicktisch. Das Wetter ist inzwischen einfach ganz großartig. Blauer Himmel, Sonnenschein und alle grauen Regenwolken hinter der schützenden Bergreihe.

Es gibt hier zwei Seen, den größeren "Nedre Heimredalsvatnet" und den kleineren "Utdalsvatnet". Letzteres liegt an dem Wanderpfad nach Unstad - dem nördlichsten Surferstrand. Wir erkunden zumindest die Strecke bis zu dem kleinen See, der wirklich wunderbar geschützt liegt. Das wäre ein toller Platz zum Campen, aber der schmale Pfad, direkt an der Steilküste ist nicht Fahrrad-geeignet. Leider ist es auch keine wirkliche Option zigmal hin- und her zu gehen, um Räder und Gepäck dorthin zu schleppen.



Also wenden wir uns dem größeren See zu. Der See liegt in einem tiefen Bergeinschnitt und nach ein paar hundert Metern endet das Naturschutzgebiet. Wir fahren recht weit den Weg entlang. Weg von der kleinen (verlassenen?) Hütte und suchen einen netten Platz.

Es ist hier nicht ganz so geschützt, wie gedacht. Komische Fallwinde pusten immer wieder die Bergflanke hinunter, obwohl die darüber liegenden Wolken in die andere Richtung schweben. Trotzdem gibt es hier nicht allzu feuchte und vor allem ebene Grasfläche, um das Zelt aufzustellen.

Da wir zum ersten Mal hier oben Zelten, dauert alles gefühlt ewig und ich merke, dass meine Füße kalt werden. Meine Schuhe haben den feuchten Weg zum kleineren See mal wieder nicht trocken überstanden. Blöd.

Als unser Schlafplatz steht und wir alles sinnvoll verstaut haben, radeln wir nochmal zurück zum Toilettenhäuschen. Ich hoffe ein wenig auf spektakulären Sonnenuntergang, aber noch steht die Sonne zu hoch. Dann entscheiden wir uns auch noch "falsch" und bleiben im Taleinschnitt, um unser Abendbrot zu kochen. Ganz rum kommt die Sonne dorthin leider nicht. Und während der Reis und unsere heiße Schokolade vor sich hin köcheln, friere ich doch arg.




Mit warmen Essen im Bauch, aber immer noch kalten Füßen, beschließe ich, den Sonnenuntergang Sonnenuntergang sein zu lassen und direkt ins Zelt zu gehen. Der Wind ist inzwischen richtig kühl, dazu etwa 8°C. Wir machen uns also noch vor 20:00 schlafsack-fertig.



Mit der Macht der drei Schafe (Merino-Angora-Doppelstricksocken und die Schafwollschuhe) klettere ich in den Schlafsack und wärme auf. Draußen bläst der Wind, ich höre die weidenden Schafe um uns herum läuten. L. schläft praktisch sofort ein. Ich lausche den ungewohnten Geräuschen, versuche meine Nasenspitze aufzuwärmen und schaue zwischendurch mal in eine absolut sternenklare Nacht, ganz ohne Lichtverschmutzung. Wie schade, dass heute keine Nordlichter am Himmel tanzen.