Sonntag, 16. September 2018

Nusfjord und Offersoy (Tag 4)

Wir stehen zeitig auf, denn wir teilen das Bad ja mit zwei anderen. Da möchte man sich nicht in die Quere kommen. Fast alles ist trocken geworden, nur meine Schuhe leider nicht so richtig. Zusammen mit den Neoprensocken sind sie aber tragbar. Immerhin.

Der Duft von Eiern und Bacon lockt uns nach unten. Dort wartet ein sehr üppiges Frühstück auf uns. Kurz darauf stellen wir fest, dass das andere Pärchen zwei Chemiestudenten aus Jena sind und nach einem kurzen Abriss von Credits sammeln, Bachelor / Master vs Diplom, Prüfungsproblemen auf allen Seiten, Frustrationstoleranzlernen in unzähligen Praktika, Nachwuchssorgen (in Jena, wie schade!) und Zukunftsaussichten ist es fast schon Zeit zum Auschecken. Wir packen unsere Taschen, verabschieden uns von Studis und dem wirklich netten Wirt und satteln auf.



Es regnet, ist aber wenigstens nicht ganz so windig. Trotzdem kommen wir nur etwa 200 Meter weit, denn dann erstreckt sich zu unserer Linken der Strand von Ramberg. Also lassen wir die Räder stehen und gehen zum Fotografieren an den Strand. Trotz des grauen Wetters, ist die Bucht ganz herrlich und durch die platschenden Tropfen hindurch schimmert das Meerwasser in Grün- und Türkistönen.


An einem zweiten Strand-Fotostopp kurz darauf bemerkt L., dass seine Schaltung sich gelöst hat. Er schraubt ein bißchen und dann geht es weiter. Es hat sich richtig eingeregnet, trotzdem biegen wir von der E10 nach einigen Kilometern ab und folgen der Straße nach Süden Richtung Nusfjord. An den doch sehr anstrengenden Steigungen gibt es zum Glück immer wieder Motive, die einen Fotostopp lohnen (wie überall hier, hinter jeder Ecke) und mir die Gelegenheit geben, meine protestierende Lunge zu beruhigen.

Wir fahren auf ein steil aufragendes Felsmassiv zu, dass nicht den Eindruck macht, als würde man hier noch länger vorwärts kommen. An einigen Stellen liegt noch der Schnee des vorherigen Winters. Klammert sich an Nordhänge, die die Sonne den ganzen Sommer über nicht erreicht hat. Schmale Wasserfälle fallen senkrecht ins Tal. Die Straße windet sich bergauf, links begrünte kleinere Hänge, rechts folgen wir dem Verlauf des Storvatnet, dahinter die raue Felswand. Dann biegen sich Fluss und Straße und der Fjord wird sichtbar, eine letzte Steigung und wir erreichen das winzige Fischerdorf Nusfjord. Die roten Hütten drängen sich eng aneinander um den Hafen. Wie muss es gewesen sein hier zu leben, vor ein paar Hundert Jahren? Nur Fischfang und Schafe, dazu garstiges Wetter und kurze Sommer?

Wir wärmen uns im Café bei Waffeln und Kaffee, kaufen Andenken (Wollhausschuhe und der übliche Magnet), genießen die Aussicht und lauschen dem erbitterten Gemecker der Möwen. Ob sie sich auch über das Wetter beschweren?




Wir stellen erfreut fest, dass wir unsere Unterkunft für diese Nacht problemlos um eine weitere Nacht verlängern konnten. Da es nun permanent regnet und vorerst nicht besser werden soll, sind wir froh über einen Tag Pause und der Möglichkeit zu waschen und zu trocknen.

Wir radeln von Nusfjord zurück, erkämpfen uns die Steigungen der Straße in umgekehrter Richtung und folgen der E10 dann weiter nach Osten. Bis Napp übrigens verläuft diese "große" Europastraße ohne Mittelstreifen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es im Sommer hier ist, mit all den Caravans, die sich mühsam aneinander vorbeischieben. Eine Karawane, wörtlich.

Der Weg zieht sich ziemlich und ganz am Ende wird es doch nochmal beängstigend. Da die Fahrradfähre zwischen Nusfjord und Ballstad nur im Sommer verkehrt, müssen wir durch den Nappstraumentunnel. 1780m lang fahren wir unter dem Meer, 8% Steigungen, die es erst in fast halsbrecherischem Tempo nach unten geht und dann wieder hoch. Mein erster Gang ist nicht erster Gang genug, meine Beine wollen nicht mehr, meine Lunge kreischt und ächzt und das Gewicht der Packtaschen will mich zurück ziehen. Dreimal halte ich an, um zu Atem zu kommen. Die Autos sind unerträglich laut und schnell, die Lüftung fiept schmerzhaft in den Ohren und die Luft ist schlecht. Wenigstens sind wir auf einem kleinen Fußgängerstreifen unterwegs, ein wenig geschützt und teilen uns die Straße nicht mit den Autos.

Dann ist es geschafft, wir Atmen draußen wieder frische Luft und kommen nach wenigen hundert Metern in Offersoy an, wo wir bis Montag eine kleine Hütte direkt am Strand haben. Es ist warm drinnen, wir waschen und hängen alle nassen Sachen auf und ganz plötzlich überkommt einem das wohlige Gefühl, dass man für eine Weile dem Regen von drinnen ruhig zusehen kann, wie er auf das Wasser des Fjords fällt.