Donnerstag, 30. Juni 2022

Hello airport my old friend... (Tag 4)

 Tag 4 unserer sehr entspannenden Radreise. Auch der heutige Tag steht unter dem Motto: Kommen die Koffer, oder nicht?

Um die Spannung noch etwas zu steigern, zickt früh morgens Ls Notebook. Das braucht er zum Arbeiten. Selbst und ständig und so. Wir brauchen das auch, um die Koffertrackingseite zu nutzen. Ich bin lieber still, koche Kaffee und mache Frühstück, während L. versucht sein IT-Guy-Dasein auf sich selbst anzuwenden. Let the magic begin!

Oder auch nicht. Während ich per Handy-App (Troms Reisen, Troms Billett) herausfinde, wir wir per ÖPNV heute zum Flughafen kommen (ich bin nicht bereit 30km womöglich umsonst zu Radeln), kristallisiert sich heraus, dass L. zumindest eine neue SSD braucht. Ich recherchiere Elektroläden (in der Nähe vom Flughafen, yeah!) und was die so im Angebot haben. L. ruft am Airport an. Die haben allerdings einen großen Haufen Gepäckstücke angesammelt und keinen Überblick. Die Trackingseite läuft irgendwann im Edge auf dem Handy und behauptet, mindestens zwei Koffer wären heute von Oslo verschickt worden. Nagut. Wir packen also die Rucksäcke so weit wie möglich aus und gehen zur Bushaltestelle. Kurz darauf kommt ein Bus mit der richtigen Nummer. Da ich ja unsicher bin, frage ich lieber noch nach. Ja, richtiger Bus. Alles prima. Wir schaukeln über die schmalen Straßen und über einen Wendeplatz, bei dem ich kurz die Luft anhalte, weil ich denke, gleich stürzen wir in den Fjord. Was natürlich Unfug ist, denn man würde eine Böschung hinunterstürzen und dann auf großen Steinen zerschellen der Busfahrer weiß natürlich, wie man einen Bus fährt. Wir schaukeln zu einem Busumsteigeplatz, steigen um und schaukeln dann weiter. Ich brauche all meine Kraft um zu atmen, während die Banane, die sich noch gegessen hatte, eigentlich gern wieder hinaus möchte. Ich schaue raus, auf die spektakuläre Landschaft, den Fjord, die Berge deren Spitzen mit Schnee bedeckt sind und verdränge die Banane.

Wir steigen am Flughafen aus und tatsächlich - in einem großen Haufen sehr vieler Koffer, die einfach so herumstehen, sind auch unsere. Juhu! Da die Schlange am Schalter sehr lang ist und nur eine Frau versucht mehreren Schalterschlangen Herr zu werden, schreiben wir Norwegian eine Mail, dass sie unseren Fall schließen können.

Dann rollkoffern wir wieder zum Bus und fahren eine Station zum Einkaufszentrum. Dort warte ich mit dem Gepäck, während L mehrere Elektroläden abläuft, um eine neue Festplatte zu bekommen. Also eine Interne, um sie im Notebook zu verbauen und eine weitere um extern zu sichern. Dafür braucht man natürlich passendes Werkzeug. Unser Fahrradwerkzeug funktioniert leider nicht. Die Schrauben an so einem Festplattengehäuse sind eher zärtlich. Neben mir telefoniert eine Frau, die scheinbar auch auf der Suche nach ihrem Gepäck ist. Ich fühle mit ihr. L. kommt zurück, wir essen "Lembas" (so pappiges Fertig"brot" mit Zimtfüllung) und beginnen dann einfach vor Ort unsere Koffer aus- und in die Radtaschen einzupacken. Zum Glück fand L bei seiner Elektroladentour auch eine Post, die Koffer verschickt. Damit sparen wir uns eine weitere Busfahrt in die Innenstadt. Wir packen alles um, kriegen alles verstaut und haben dann sehr schwere Radtaschen, jeder zwei. Außerdem einen Frontroller und zwei große Säcke mit den Schlafsäcken drin. Und unsere Rucksäcke. Wir sehen wahrscheinlich aus wie Packesel. Ich sitze mit dem Gepäck auf einer Bank, L. bringt die ineinandergestapelten Koffer, samt der neuen Packtaschen und ein bißchen Klamotten, zur Post und verschickt sie zu unserer letzten Unterkunft. Hoffentlich klappt das alles.

Wir nehmen einen Bus zurück. Es gibt leider nur Sitze rückwärts. Mir wird sehr schlecht, SEHR. Mir wird auch plötzlich sehr kalt und krank. Ich schaue nur raus und atme und zähle die Stationen an denen der Bus hält. Endlich endlich kommt der Umsteigepunkt. Ich trage irgendwie meine Gepäcktaschen aus dem Bus und sitze rum, bei frischer Luft. Kurz darauf kommt ein Bus mit unserer Nummer. Aber irgendwie sieht der uns nicht oder wir kriegen nicht schnell genug alle Packtaschen zusammen - der Bus fährt ohne uns los. Nicht so schlimm, in einer halben Stunde kommt ein weiterer. Und eine halbe Stunde sitzen und Nichtstun beruhigt meinen Magen immerhin so weit, dass ich überhaupt richtig bereit bin, nochmal in einen Bus zu steigen. In dem fährt außer uns nur eine andere Person mit. Ich suche gerade den Stoppdrücker, als der Bus eh anhält. Vor uns auf der Straße steht ein Elch. Ich scherze mit dem Busfahrer, dass es ja perfekt für Touristen sei und er lässt uns direkt dort raus. Bus und zwei Autos warten dann eine Weile, dass der Elch weitergeht. Wir warten natürlich auch und machen Fotos. Der Elch geht die Straße runter zum Strand.

Wir schleppen mit letzter Kraft unser Gepäck zur Unterkunft und duschen erstmal. Dann kochen wir Nudeln mit Blumenkohl und Käse. Danach bin ich eigentlich total müde, aber wir raffen uns zu einem kleinen Spaziergang auf und gehen runter zum Hafen. Dort liegt der Elch entspannt auf den warmen Steinen und schaut auf den Fjord hinaus. Wir machen Elch- und Möwenfotos und gehen dann zurück.

Ich lade mir noch ein Buch auf den Kindle, dass intellektuell etwas seichter ist, als das Biobuch, dass ich eigentlich lesen wollte. Aber bevor ich nur ein Kapitel schaffe, bin ich auch schon eingeschlafen.

L. hingehen baut am Notebook, kopiert, installiert, spielt Back-ups ein. Aber immerhin. An Tag 4 haben wir alles Gepäck beisammen, alle Koffer verschickt. Und da wir ja wegen der unklaren Koffersituation einen weiteren Tag in der Unterkunft haben, liegt vor uns sogar ein recht entspannter "freier" Tag.