Dienstag, 28. Juni 2022

Norwegen im Flugchaos - Tag 1 und 2

 Nach Monaten des Abwägens und Planens und wieder Umplanens und weiterem Abwägen ging es am Montag nach einem sehr vollen Wochenende doch los zum BER.

Geplant ist: Flug vom BER via Oslo nach Tromsø, samt Gepäck und den riesigen Radkoffern. Zwei Wochen radenln von Tromsø nach Sortland. Dort Umstieg in einen Mietwagen, Fahrt zum Urlaubshaus, Treffen mit dem Rest der Familie und Freund E., die aus Narvik / Evenes kommen.

Der Montag geht erstmal los damit, dass L. noch Kundentermine abreißt und wir dann mit seinem Hui in drückender Hitze von 36°C nach Berlin fahren. Dort ein weiterer Kundentermin. Ich erspare hier jetzt jedem die Beschreibung von sehr schmalen, an beiden Seiten beparkten Berliner Seitenstraßen, die KEINE EINBAHNSTRASSE sind und durch die man mit dem Ioniq5 nicht fährt, sondern sich eher vorantastet. Kreuzende Radfahrer inklusive.

Wir sind komplett durch, als wir Abends am Hotel gegenüber des BER ankommen. Ich möchte auch nicht verschweigen, dass wir eine Ladestation anfuhren, die nicht funktionierte (Telekom) und dann die beim Ikea nutzen, die allerdings um 20:00 abgeschaltet wird. Nun gut, immerhin konnten wir 15min laden und verschieben die Suche nach einer Lademöglichkeit auf in vier Wochen. Genug Auswahl gibt es.

Check-in in einem kleinen Hotel. Dort gibt es warme Küche. Juhu. Wir essen und verkrümeln uns dann direkt ins Bett, denn der Wecker klingelt schon um 5:00. Man soll ja früh da sein, das Auto kommt ins Parkhaus und vor allem SOLL MAN JA FRÜH DA SEIN. Nach einer grauenhaften Nacht (ich beneide Leute, die vor Reisetagen einfach gut schlafen können), stehen wir übermüdet auf und sitzen dann eine Weile im Auto. Irgendwie ist uns, als wäre nach Hause fahren die bessere Option. Huch. Das hatten wir in der Intensität auch noch nicht.

Letztendlich fahren wir die paar Meter zum BER, ich steige mit allem Gepäck am Terminal aus. L. bringt das Auto ins Parkhaus und joggt dann ebenfalls zum Eingang. Es regnet ein wenig, aber wenigstens ist diese unerträgliche Hitze vorbei. Wir sind zeitig da und so ziemlich die einzigen mit Masken. Ich erkenne eine Korrelation zwischen der Menge der Menschen, die dicht gedrängt ohne Masken in langen Schlangen warten und dem ständigen Husten, Schniefen und Niesen, das uns umgibt. Großartig.

Der Norwegian-Schalter ist noch nicht so voll, wie einige andere Check-Ins. Wir stellen uns in die Schlange und warten. Es dauert eine ganze Weile bis wir dran sind. Vor uns sind ein paar Leute mit den üblichen "Fisch-Styroporboxen". Bei denen dauert es besonders lange. Ich befürchte, dass auch wir mit den Radkoffern ebenso zu einer Verzögerung beitragen werden. Tun wir dann nicht, alles läuft prima. Die Dame am Schalter ist sehr nett und wir sind fix durch. Der Weg zum Bulkbaggage ist auch kurz. Überhaupt scheint mir der Flughafen einigermaßen gut durchdacht zu sein. Bin jetzt aber auch kein Flughafenexperte. Wischtest samt NMR und Röntgen sind auch schnell, da ist nicht mal jemand vor uns. Die Beamten allerdings eher einsilbig-grummelig. Naja, wäre ich wohl auch, wer weiß, was Leute alles versuchen in Koffern zu schmuggeln. Danach erstmal Kaffee und Brownies zum Frühstück, die wir gemütlich draußen essen.

Die meisten Sicherheitskontrollen sind geöffnet, es gibt Anzeigetafeln, wo wieviel Wartezeit ist. Alles geht morgens um 7:30 noch recht schnell, obwohl es ziemlich voll ist. Wir hatten ganz kurzentschlossen meinen Handgepäckskoffer mit aufgegeben. Schien uns eine prima Idee zu sein. Weniger zu rollkoffern, ich hatte nur eine kleine Handtasche dabei und kann L. immer mit dem Ein- und Ausräumen des Rucksacks helfen. Super Idee also, oder?

Hinter der Security kaufen wir zuerst mal was zu trinken. Zwischendurch kam schon die erste SMS, dass der Flug um eine Stunde verspätet sei. Ja nun - wir haben ja fast drei Stunden Aufenthalt in Oslo. Ein Gate ist nicht angegeben. Wir suchen uns eins mit wenig anderen Leuten und sitzen rum. Es gibt mindestens drei Pokestops im BER. Es kommt die nächste SMS. Die Anzeigen für unseren Flug bleiben offen. Wir warten. Dass man Geduld an Airports braucht, ist ja allgemein bekannt. Große Müdigkeit überfällt mich. Wir warten weiter. Irgendwann wird ein Gate angezeigt. Natürlich eins auf der anderen Seite vom Flughafen. Also spazieren wir dorthin. Der Flug wird angezeigt, außerdem der Hinweis "Bitte warten". Okeeehhh. Die nächste SMS (es ist so etwa 10:00) sagt uns, dass der Flug wohl gegen 12:00 kommt. Wir laufen nochmal ein bißchen Hin- und Her. Dann sitzen wir wieder. Dann gehen wir. Es gibt übrigens kostenlose Wasserspender überall - man muss also nicht wie wir für 7,25€ einen halben Liter Cola und einen halben Liter Saft kaufen. Wir sitzen wieder, L. schläft eine Weile. Ich gucke auf die Anzeigen. Tatsächlich kommt irgendwann das Flugzeug. Wir steigen in einen Bus, der uns (keine Übertreibung) etwa 100m weit fährt. Nun gut. Sicherheitsbestimmungen und so. Boarding eines komplett weißen Flugzeugs, es scheint nicht das übliche Norwegian-Flugzeug zu sein, dann warten wir auf eine freie Startbahn. Ich verstehe zwar nicht alles, was der Pilot durchsagt, aber offensichtlich konnte das eigentliche Flugzeug nicht gewartet werden und deshalb gab es erst Verspätung, dann ein Ersatzflugzeug und dann durften sie nicht in den deutschen Luftraum einfliegen. (Später lese ich Berichte, dass es einen Tag später ein Softwareupdate gab, dass misslang und daher niemand einfliegen durfte. Vielleicht gab es das gleiche Problem am Dienstag auch schon. Softwarefehler - kannste nix machen).

Der Flug vergeht recht zügig, über Oslo etwas turbulent, dort ist das Wetter gar nicht mal so schön. Wir wissen noch nicht, wie wir weiterfliegen sollen, denn inzwischen kommen wir deutlich nach dem Anschlussflug an. Nach der Landung kommt direkt eine SMS, dass wir umgebucht wurden auf einen späteren Flug. Ein paar weitere Stunden warten. Außerdem wird durchgesagt, dass Leute, die eine domestic connection haben, direkt zu den entsprechenden Gates gehen sollen. Gehen sie also bitte NICHT zur Gepäckabholung und NICHT nochmal durch die Security. Ok. Schön.

Wir warten also, holen uns etwas zu Essen und warten weiter. Recht zeitig gehen wir zum Durchgang zu den domestic gates. Unsere Boardkarten wollen uns allerdings nicht durchlassen. Wir fragen und bekommen die Info, dass wir doch zur Gepäckabholung sollen und dann wieder alles einchecken und wieder durch die Sicherheitskontrolle. Wir haben ja Zeit...

Bei den Gepäckbändern ist nirgends irgendwas, was nach unseren Koffern oder auch den Radkoffern aussieht. Wir fragen nochmal und nun heißt es, dass Anschlussflüge am selben Tag KEINE Gepäckabholung haben. Wir müssten nur durch die Kontrollen. Also stellen wir uns in die sehr langen Securityschlangen, warten, werden gescannt und sitzen irgendwann am richtigen Gate. Der Flug hat auch nur ca. eine halbe Stunde Verspätung - da sitzen wir aber schon im Flieger. Es gibt nämlich niemanden, der das Rückwärtsschiebefahrzeug fahren kann. Aha. Wurde auch in Norwegen das Personal eingespart?

Der Start ist etwas ruppelig, der Rest des Fluges nicht so. Der Pilot erzählt uns von den langen Wartezeiten, aber "weather conditions are good". Die norwegische Wetterseite yr.no stimmt dem zu  - allerdings bin ich mir unsicher, ob es "gut" ist, wenn es auf dem 69° Breitengrad, 320km nördlich des Polarkreises 29°C sind. Wir sitzen nicht zusammen, sind aber total froh, dass wir überhaupt auf einen am gleichen Tag abgehenden Flug umgebucht werden konnten. Fantastischer Anflug über Narvik / Inselketten und Tromsø. Wir landen. Wir gehen zum Gepäckband. Nichts. Gar nichts.

Wir melden unser Gepäck als vermisst / verspätet und kriegen einen Zettel ausgehändigt. Es ist ein bißchen schwierig eine passende Nachsendeadresse anzugeben, da wir ja eigentlich eine Radtour geplant haben. Zu diesem Zeitpunkt sind wir komplett erschöpft, übermüdet, seit mehr als 14h auf den Beinen und stehen jetzt echt bei 29°C (!!!!) im wunderschönen Tromsø und müssen aushalten, dass man sich direkt heimelig und zu Hause fühlt und andererseits ohne Gepäck da steht. Durchatmen. Taxi ins Zentrum nehmen. Der Taxifahrer erzählt uns, dass es einen Piloten/Groundcrew/Techniker-Streik in Norwegen gab, den die Regierung heute beendet hat. Das erklärt wohl unseren verspäteten Flug im Ersatzflugzeug. Im Hotel einchecken, dann zum Supermarkt. Zum Glück haben die Läden lange auf. Wir kaufen Zahnbürste, Seife, Zahnpasta, neue Socken und Unterhosen. Außerdem irgendwas zu Essen und ein Eis. Damit spazieren wir zum Hafen, schauen zur Eiskathedrale rüber und überlegen völlig verrückt eine mitternächtliche Ribboattour zu buchen. Hätten wir einfach machen sollen. Wir sind aber leichtsinnig vernünftig und gehen ins Hotel. Endlich duschen, dann nochmal alle Kraft zusammensammeln und einen Plan B entwickeln. Es fügt sich, dass wir unsere zweite Unterkunft (15km vom Airport) um einen Tag verlängern können. Das gibt uns Luft bis zum 02.07. um unser Gepäck wieder zu bekommen. Dann schlafe ich einfach ein wie ein Stein. Total egal, ob es nicht dunkel wird oder sonst was. Alle Akkus leer.